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Wasserstoff - vom Fluch zum Segen?

Von Viviana von der Kaus - Welcher Energieträger, insbesondere für die Mobilität, wird sich in der nahen Zukunft durchsetzen?


Der Zeppelin LZ129 „Hindenburg“ verunglückte am 6. Mai 1937 in Lakehurst, USA. Circa 190.000 Kubikmeter Wasserstoff entzündeten sich und viele Passagiere wurden verbrannt oder starben an ihren schrecklichen Verletzungen.


Durch dieses Unglück hatte das Element Wasserstoff ein negatives Image. Doch vielleicht ist der Einsatz von Wasserstoff als Energieträger neben dem Strom der Erfolg versprechendste Weg, um die UN-Klimaziele zu erfüllen. Da bei der kalten Verbrennung von Wasserstoff lediglich Wasser und keine klimaschädlichen Gase, wie zum Beispiel CO2 entstehen. Als kalte Verbrennung bezeichnet man die elektrochemische Reaktion in einer Brennstoffzelle.


Schauen wir uns zuerst das Element Wasserstoff einmal genauer an. Welches Potenzial steckt in diesem farblosen Gas, das in der Natur auf der Erde nicht vorkommt? Sein spezifisches Gewicht ist so gering, dass es nach der Entstehung in den Weltraum aufsteigt.


Heutzutage wird zwischen vier Arten von Wasserstoff differenziert. Es gibt den grauen, den blauen, den türkisen und den grünen Wasserstoff. Der Unterschied liegt lediglich in seiner Produktionsart. Das Endprodukt ist immer das stabile molekulare Wasserstoffgas H2. Der graue Wasserstoff wird zu hundert Prozent aus fossilen Brennstoffen hergestellt. In der Regel ist das Erdgas. Dieses wird unter Hitze in Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid gespalten. Für die Produktion von einer Tonne Wasserstoff werden zehn Tonnen Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre abgegeben. Diese Art der Herstellung verstärkt den globalen Treibhauseffekt. Aus ökologischer Sicht kann es sich hier nur um eine Zwischenlösung handeln.


Die Herstellung von blauem Wasserstoff unterscheidet sich lediglich in dem Umgang mit dem entstehenden CO2. Es wird in Endgaslagerstätten gespeichert z.B. in Bergwerken oder industriell weiterverarbeitet. Diese Methode nennt sich „Carbon Capture and Storage“ kurz CCS. Die CO2-Neutralität ist jedoch umstritten, da man heute noch nicht weiß, wie sicher und langlebig diese Art der Lagerung ist.


Dann gibt es den türkisen Wasserstoff, der über die Methanpyrolyse hergestellt wird. Das ist die thermische Spaltung von Methan. Die Methanpyrolyse darf ausschließlich mit Strom aus erneuerbarer Energie betrieben werden. Als Sekundärprodukt entsteht fester Kohlenstoff, der als Rohstoff für die Produktion bspw. von Leichtbaustoffen oder Batterien dient.


Die letzte und beste Variante ist der grüne Wasserstoff, der mithilfe der Elektrolyse von Wasser produziert wird. Der Strom für die Elektrolyse muss aus erneuerbaren Energien stammen. Bisher liegt die Effizienz der Produktion bei ca. 60 Prozent. Der grüne Wasserstoff ist umwelttechnisch das erklärte Ziel und der wichtigste Pfeiler, um die Energiewende voranzutreiben.


Aber warum verwendet man nicht direkt den Strom aus erneuerbaren Energien? Warum betreibt man diesen Aufwand? Die Produktionsverluste in Höhe von 40 Prozent sind nicht die beste Option für eine effiziente Energiegewinnung. Im Bereich der erneuerbaren Energien wie der Solarenergie und der Windkraft entsteht zeitweise sehr viel oder sehr wenig Strom. Erschwerend kommt hinzu, dass die privaten Haushalte und die Industrie je nach Tageszeit unterschiedlich hohe Strommengen aus dem Netz abfordern.


Somit besteht die Notwendigkeit, überschüssige Energie zu speichern. Am Tag besteht ein hoher Strombedarf, durch die Industrie mit den laufenden Produktionsmaschinen, durch den Handel, der Licht benötigt und Heizungen bzw. Klimaanlagen betreibt. In den privaten Haushalten wird der höhere Strombedarf tagsüber insbesondere für das Kochen benötigt. In der Nacht wird am wenigsten Strom verbraucht, da die meisten Menschen schlafen.


Im Winter steigt der Verbrauch durch den höheren Lichtbedarf und die Heizungsanlagen verbrauchen nicht nur Brennstoffe, sondern auch Strom. Betrachtet man beispielhaft die durchschnittlichen Sonnenstunden in Deutschland fällt auf, dass im Sommer die Sonne ca. 200 Stunden pro Monat scheint, während im Winter nur ca. 38 Stunden ausreichendes Licht für die Solaranlagen vorhanden ist. Der Bedarf an Strom ist im Gegenzug in den Wintermonaten höher als im Sommer. Somit wird klar, dass man die Bevölkerung mit Solarenergie alleine nicht versorgen kann.


Mit der Windkraft haben die Stromversorger ähnliche Probleme. Das Windaufkommen ist nicht kontrollierbar und nur begrenzt vorhersagbar. Bei Windstille kann ein hoher Strombedarf vorhanden sein, bei hohem Windaufkommen kann es vorkommen, dass zu viel Strom in das Netz geleitet wird. Ein zu hoher Stromertrag führt zur Überlastung der Netze. Entweder werden die Windkraftanlagen dann abgeschaltet oder der überschüssige Strom muss an andere Länder teilweise gegen ein zu zahlendes Entgelt abgegeben werden.


Abschließend kann man die Aussage treffen, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien die Stromversorger vor große Herausforderungen stellen wird. Es müssen Lösungen gefunden werden, um die immer stärkeren Schwankungen im Stromnetz in Zukunft ausgleichen zu können. Ist die Strommenge im Netz zu gering, werden diese Defizite bereits heute mit schnell reagierenden Gaskraftwerken und Wasserkraftwerken ausgeglichen. Zur Zeit werden die Gaskraftwerke mit Erdgas betrieben. Das Erdgas könnte in Zukunft durch Wasserstoff ersetzt werden.


Auch wurde von der Bundesregierung beschlossen, die Entwicklung von Wasserstoff betriebenen Antrieben im Nah- und Fernverkehr zu fördern. Diese Entwicklung schreitet schnell voran. Im PKW-Bereich bieten bereits Hersteller wie Hyundai, Toyota und Mercedes-Benz Antriebskonzepte mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellen an. Auch in der Schifffahrt wird in Zukunft Wasserstoff eingesetzt werden.


In den energieintensiven Industrien, wie zum Beispiel die Chemie- und Stahlindustrie soll in Zukunft Wasserstoff eine größere Rolle spielen. Für die privaten Haushalte gibt es bereits Blockheizkraftwerke, die mit einer Brennstoffzelle betrieben werden. Diese könnten in Zukunft auch mit Wasserstoff betrieben werden.


Daraus lässt sich ableiten, dass in Zukunft der Bedarf an Wasserstoff stark steigen wird. Dieser Wasserstoff muss natürlich „grün“ sein! Unternehmen, wie Linde, BASF, NEL ASA und ITM-Power Hersteller für Elektrolyseure stehen in den Startlöchern um dezentrale Anlagen zu erstellen, die den überschüssigen Strom in Wasserstoff umwandeln. Elektrolyseure sind Anlagen, die hocheffizient durch Strom, Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegen. Die Firma ITM-Power fertigt bereits kompakte Anlagen, die in einem Container dezentral aufgestellt werden können. Sie können so sehr effektiv in unmittelbarer Nähe der Solar-Parks und Windparks eingesetzt werden.


Das klingt alles sehr positiv, wäre da nicht noch das Speicherproblem von Wasserstoff. Wasserstoff kann erst bei -235°C verflüssigt werden. Die Speicherung von flüssigem Wasserstoff in vakuumisolierten Behältern ist heutzutage eine gängige und gut beherrschbare Technik. Sie ist jedoch sehr kostenintensiv und scheidet deshalb im Alltag aus. Kostengünstiger kann es in explosionssicheren Behältern bei ca. 700 bar gelagert und transportiert werden. Forscher des Frauenhofer-Instituts haben für Wasserstoff betriebene Fahrzeuge spezielle Metallhydridspeicher entwickelt. Diese neuen Hydride in Verbindung mit Graphit speichern den Wasserstoff in eine gebundene Form. Bei einem Unfall oder Leckage würde der Wasserstoff nicht sofort in großen Mengen austreten.


Vielversprechend ist auch die „Liquid-Organic-Hydrogen-Carriers-Technologie“. Eine Entwicklung des deutschen Unternehmens „H2-Industries SE“; die in einer ölartigen organischen Substanz den Wasserstoff zur Lagerung chemisch bindet. Es ist erkennbar, dass die Wissenschaft schnelle Fortschritte macht, um die Anwendung von Wasserstoff nutzbar zu machen. Dennoch, führt man sich vor Augen, dass nur 4 Prozent Wasserstoff in einem Raum schon ein hochexplosives Gemisch ergeben, kommt noch eine noch sichere Technik als sehr interessante Alternative in Frage. Derzeit wird E-Fuel (elektrofuel) als eine sehr gute Alternative zum Wasserstoff unter vielen Experten hoch eingschätzt. E-Fuel ist ein synthetischer Kraftstoff, der durch den sogenannten Power-to-Fuel Prozess aus Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid gewonnen wird. E-Fuel ist so sicher wie die heutigen Brennstoffe: Benzin, Diesel und Kerosin. Es kann als Übergangslösung mit leichten Modifikationen des Tankstellennetzes und der Motoren in Fahrzeugen, Schiffen und Flugzeugen eingesetzt werden. Die Produktion von E-Fuel basiert auf grünem Wasserstoff, der in industriellen Anlagen mit Kohlenstoffdioxid, das zu Zeit noch aus anderen industriellen Prozessen als Abfallprodukt anfällt, verbunden wird.


Viele intelligente Wissenschaftler arbeiten an der Verbesserung unserer Umwelt. Hier ist nicht nur Diskutieren gefragt, sondern schlaue Köpfe, die auch das umsetzen können, was z.B. Frau Baerbock oder Greta Thunberg fordern.


Nach der Tragödie von Lakehurst im Jahre 1937 sieht die Zukunft für Wasserstoff sehr vielversprechend aus. Ob die CO2-neutrale Mobilität mit E-Fuel Wasserstoff oder Strom in der Zukunft erfolgt wird sich herausstellen. Wasserstoff wird sicherlich eine dominante Rolle für den Ersatz von fossilen Brennstoffen in vielen Bereichen unsere Industrie und im täglichen Leben übernehmen.


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Quellen

Wo wird der Wasserstoff eingesetzt:


Die verschiedenen Wasserstoffarten:

Durchschnittliche Sonnscheindauer pro Monat in Deutschland:


Warum Windräder manchmal abgeschaltet werden müssen:


Stromverbrauch je nach Tageszeit:


Die LOHC-Technologie:


Die sichere Speicherung von Wasserstoff:


Die Speicherung von Wasserstoff in Metallhydriden attraktiv für Fahrzeuge:

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